Santa Maria delle Grazie (Mailand)

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Kirche und Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie in Mailand mit dem „Letzten Abendmahl“ von Leonardo da Vinci
UNESCO-Welterbe UNESCO-Welterbe-Emblem

Gesamtansicht der Kirche
Vertragsstaat(en): Italien Italien
Typ: Kultur
Kriterien: (i) (ii)
Fläche: 1,5 ha
Referenz-Nr.: 93
UNESCO-Region: Europa und Nordamerika
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 1980  (Sitzung 4)
Apsis

Santa Maria delle Grazie ist eine Dominikanerkirche in Mailand. Die seit 1980 auf der Liste des Weltkulturerbe der UNESCO stehende Kirche ist insbesondere dafür berühmt, dass sie Leonardo da Vincis in den Jahren 1494 bis 1498 geschaffene Seccomalerei Das Abendmahl beherbergt, das sich an der Nordwand des Refektoriums (Speisesaal) befindet.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor dem Bau der Kirche befand sich an der Stelle eine kleine Kapelle. Der Herzog von Mailand, Francesco I. Sforza, beauftragte Guiniforte Solari mit dem Bau eines Dominikanerklosters und einer dazugehörigen Kirche. 1469 war das Kloster errichtet, 1490 die Kirche fertiggestellt. Ludovico Sforza („il moro“), seit 1476 Regent, ab 1494 gekrönter Herzog, beschloss, die Kirche als Begräbnisstätte der Sforzas zu nutzen, und ließ dazu den gerade erst fertiggestellten Chor mit Vierung abreißen, um ihn durch einen monumentaleren Zentralbau im Stil der Renaissance zu ersetzen. 1492 wurde dazu der Grundstein gelegt. Donato Bramante, dem oft pauschal der gesamte Ostteil zugeschrieben wird, dürfte zumindest für die grundlegenden Pläne und bis zu seinem Weggang nach Rom 1499 für eine gewisse Oberaufsicht verantwortlich gewesen sein,[1] auch wenn detaillierte Quellen dazu fehlen und neuerdings eine Beteiligung von Giovanni Antonio Amadeo, Schwiegersohn des Solari, an der Ausführung sehr wahrscheinlich gemacht wurde.[2] Das gilt vor allem für den kleinteiligen Terrakottaschmuck im lombardischen Geschmack am Außenbau.[3] Die Fertigstellung und Ausschmückung zog sich auch nach dem Sturz Ludovico il Moros noch bis ins zweite Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts hin.[4] Doch verzichtete man auf eine Komplettierung des Zentralbaus und ließ das gotische Langhaus Solaris bestehen. Das erste Begräbnis im Chor erfolgte für Ludovicos Frau Beatrice d’Este.

Das Abendmahl von Leonardo da Vinci
Giovanni Donato Montorfano: Kreuzigung Christi mit Stiftern, 1495 – Das Fresko befindet sich gegenüber Leonardos Abendmahl an der Südwand des Refektoriums.
Kirchenschiff
Die Kuppel

Napoleons Besatzungstruppen nutzten das Refektorium zeitweilig als Pferdestall. 1943 überstand das Gemälde Leonardos auf der Nordwand des Refektoriums knapp einen Bombenangriff, der nur die Südwand des Saals zum Einsturz brachte und die Nordwand verschonte.

Baugestalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gotische Bauphase[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sowohl von außen als auch von innen sind die beiden zeitlich so nah beieinanderliegenden Bauphasen deutlich zu unterscheiden. Das im Stil der lombardischen Backsteingotik breit lagernde Langhaus vom Typ einer Stufenhalle zeigt sich innen mit einer deutlichen Überhöhung des Mittelschiffs, was außen nur eine minimale Dachstufung zur Folge hat und an der Fassade durch einen einheitlichen Giebel in Breite aller drei Schiffe gänzlich verborgen wird. Die Ausmalung von 1482–1485 ist weitgehend original erhalten, da sie erst in den 1930er Jahren wieder freigelegt wurde.

Bauphase unter Bramante[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bramantes an Stelle der Vierung positionierter Kubusraum hat die Breite aller drei gotischen Langhausschiffe und wird von zwei seitlichen Konchen und dem Chor umgeben. Darüber erhebt sich die auf einem (außen 16-eckigen) Tambour ruhende Kuppel, „formal eine Steigerung von Brunelleschis Raumidee der Alten Sakristei an S. Lorenzo in Florenz ins Monumentale“.[5] Außen stellt sich diese als flachkegeliger Rundbau dar, der von kleinteiligen Fenster- und Arkadengliederungen unter reichlicher Verwendung von rotgebrannten Terrakotta-Elementen umzogen wird.

Persönlichkeiten, die in Kirche und Konvent begraben sind[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Ugelheimer (ca. 1445/1450-vor dem 10. Januar 1488), nach Venedig ausgewanderter Frankfurter Kaufmann und Renaissance-Mäzen. Das Grab ist nicht erhalten.
  • Beatrice d’Este (29. Juni 1475 – 2. Januar 1497), Herzogin von Mailand. Das Grabmonument befindet sich seit 1564 in der Certosa di Pavia.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel wurde 1965 von der Orgelbaufirma Balbiani Vegezzi Bossi (Mailand) erbaut. Das Instrument hat 41 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch.[6]

I Positiv C–c4
Principalino 8′
Flauto Dolce 8′
Fugara 4′
Flauto Armonico 4′
Nazardo 223
Flautino 2′
Terza 135
Cornetto V
Sesquialtera II
Clarino 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–c4
Bordone 16′
Bordone 8′
Principale 8′
Dulciana 8′
Unda Maris 8′
Ottava 4′
Decima quinta 2′
Decima nona 113
Vigesima Seconda 1′
Ripieno Grave
Ripieno Acuto
Tromba 16′
Tromba 8′
III Schwellwerk C–c4
Corno Camoscio 8′
Viola Gamba 8′
Voce Celeste 8′
Principalino 4′
Quinta 223
Fonino 2′
Ripieno Eco
Oboe 8′
Tremulant
Pedalwerk C–a1
Contra Profondo 32′
Contra Basso 16′
Bordone 16′
Basso Armonico 8′
Bordone 8′
Quintante 4′
Oboe 8′
Contro Fagotto 16′
Tromba Armonica 8′
Chiarina 4′
  • Koppeln: I/II, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P, zahlreiche Sub- und Superoktavkoppeln.

Literarischer Schauplatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leo Perutz beschreibt in seinem Roman Der Judas des Leonardo (postum, 1959) in einer fiktionalen Erzählung die Suche Leonardo da Vincis nach einem Modell für den Kopf des Judas zur Vollendung des Wandgemäldes.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rina Bucci, Patrizia Fabbri: Milano Arte e Storia. Bonechi, Mailand 2004.
  • Pierluigi De Vecchi, Elda Cerchiari: I tempi dell’arte. Band 2, Bompiani, Mailand 1999.
  • Maria Teresa Fiorio: Le chiese di Milano. Electa, Mailand 2006.
  • Mina Gregori (Hrsg.): Pittura a Milano, Rinascimento e Manierismo. Cariplo, Mailand 1999.
  • Pietro Cesare Marani, Roberto Cecchi, Germano Mulazzani: Il Cenacolo. Electa, Mailand 1999.
  • Maria Cristina Passoni, Jacopo Stoppa: Il tardogotico e il rinascimento. In: Itinerari di Milano e provincia, Provincia di Milano, Mailand 2000.
  • Heinz Schomann: Lombardei. Kunstdenkmäler und Museen. (Reclams Kunstführer, Band 1,1), Reclam, Stuttgart 1981, S. 312–320.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Santa Maria delle Grazie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heinz Schomann, Lombardei, S. 313.
  2. P.Marani, R.Cecchi, G.Mulazzani: Il Cenacolo, Mailand 1999, S. 77–79.
  3. Hans Weigert: Baukunst der Renaissance in Europa, Frankfurt 1966, S. 14
  4. Schomann, S. 313.
  5. Schomann, Lombardei, S. 316
  6. Nähere Informationen zur Orgel Milano - Basilica S. Maria delle Grazie (Memento vom 24. September 2010 im Internet Archive) auf der Website von Fabbrica Artigiana Organi da Chiesa di Sergio Castegnaro. (Archivversion)

Koordinaten: 45° 27′ 57,3″ N, 9° 10′ 16,1″ O